Chemnitzer Rundwanderweg - Teil 1

Autorin: Johanna

Zum Testwandern im November wählten wir eine mir schon bekannte Route. Der Chemnitzer Rundwanderweg zieht sich über 60 Kilometer um die Stadt. Da die Nächte um diese Jahreszeit schon recht kalt waren hatten wir uns zwei Übernachtungsmöglichkeiten herausgesucht. Die erste bei meinen Eltern, die zweite beim 1. Chemnitzer Reit- und Fahrverein in Draisdorf. Für die dritte Nacht hatten wir das Zelt und warme Unterwäsche dabei. 

Eigentlich wollten wir schon vor dem Mittagessen starten, doch wie so oft wenn man mit Tieren arbeitet kam es anders. Die zarte Naomi konnten wir mit Überreden und etwas Schieben schnell in den Hänger locken. Doch die Mulis waren so gar nicht von der Idee zu begeistern. Dazu kam noch, dass der Ziegenbock Günther mit nach Chemnitz musste. Als endlich alle verladen waren, stellte sich Merlin vor den anderen beiden quer und wir mussten sie losbinden, damit sie sich nicht während der Fahrt strangulierten. Wir konnten nur noch hoffen, dass Günther seine Hörner nicht in einem der Bäuche versenkte. 

Während wir das erste Abenteuer der Reise bestritten, hatte Temmie es sich schon im Auto gemütlich gemacht und auch Luca döste in der Sonne. Zu allem Überfluss hatte sich auch noch die Sohle meines Wanderschuhs gelöst. Ich umwickelte ihn kräftig mit Duct-Tape und wir machten uns auf den Weg. 

Mit dem Hänger wurden wir zum Hutholz gefahren. Die Tierchen waren alle tüchtig durchgeschwitzt und froh, wieder festen Boden unter den Hufen zu haben. Sam und Merlin waren schon einmal ein Teil des Chemnitzer Rundwanderweges mit mir gelaufen und wussten sicher, was wir vorhatten. Denn auch der sonst so scheue Merlin stand beim Bepacken wie ein Profi. Auch die Hunde bekamen kleine Tragetaschen. Drei Stunden später als geplant aber noch immer guter Dinge starteten wir unsere viertägige Wanderung um die Stadt. 

Die Wandertruppe steht geputzt und bepackt bereit.

 

Am Hutholz und einer kleinen Siedlung vorbei liefen wir Richtung Harthau. Es war warm und die Sonne gab ihr Bestes, die Welt vor dem Winter noch einmal erstrahlen zu lassen. Der Weg war gut ausgeschildert und wir kamen schnell voran. Auch meine inzwischen abgefallene Schuhsohle konnte uns nicht stoppen. Von Beginn an hatten wir unsere Reihenfolge gefunden, die wir auch traditionstreu bis zum Ende einhielten. Temmie lief voraus und schnüffelte an allen Büschen und Sträuchern, die er fand. Ihm folgten Sam und Ich, Merlin wortwörtlich am Schlepptau. Etwas weiter hinten lief Miriam mit Naomi. Luca bildete das Schlusslicht und sorgte dafür, dass niemand verloren ging. Hin und wieder versuchten wir die Reihenfolge zu tauschen, sodass Miriam nach den Wegweisern Ausschau hielt, doch davon hielten Naomi und Sam nichts. Merlin war wie immer alles egal, solange er in Ruhe gelassen wurde. 

Wenn wir länger auf Asphalt unterwegs waren musste Naomi, um die Beine zu schonen, Hufschuhe tragen. Luca ließ Miriam nicht aus dem Blick, als diese Naomi Socken und die Hufschuhe anzog. 

Was Luca wohl von den Hufschuhen hält?

Nach einer scheinbar endlosen Dorfstraße führte ein Waldweg aus Harthau heraus. Wir gaben den Tieren die Möglichkeit aus dem Alten Harthbach zu trinken. Dazu mussten wir eine Böschung herabsteigen. Mit so vielen Tieren und Stricken gab das ein tüchtiges Durcheinander. 

Wir begannen den Anstieg zum Aussichtspunkt an der Pappel. Oben angekommen machten wir eine kleine Rast mit Pinkel-Pause und Müsliriegeln. Während wir nacheinander im Gebüsch verschwanden räumte Sam unseren Proviantbeutel aus, auf der Suche nach etwas Genießbarem. Auf einer Wiese grasten Rehe, die sich von unserem Anblick nicht aus der Ruhe bringen ließen. Sam war fasziniert von den Tierchen.

Da es schon dämmerte, machten wir uns bald wieder auf den Weg. Der Abstieg nach Einsiedel war kein einfacher. Sams Satteldecke rutschte unter ihrem Packsattel weg, sodass dieser direkt auf ihrem Rücken scheuerte. Oft mussten wir anhalten und die Decke richten. Im Laufe des Tages hatten wir dafür eine Technik entwickelt, die es allerdings noch zu perfektionieren galt. Wir lockerten den Sattelgurt und einer hob den Packsattel, der mitsamt Taschen um die 30 Kilogramm wog, vom Rücken während der andere die Satteldecke nach vorn zog und zerrte bis sie wieder richtig lag. 

Die Mulis waren voller Tatendrang und legten einen straffen Schritt an den Tag. Miriam war bergab langsamer, doch sobald Naomi die Mulis aus den Augen verlor wurde sie unruhig. Erst kurz bevor wir im Tal ankamen, hatten wir ein gemeinsames Tempo gefunden. In Einsiedel mussten wir aneinanderliegend eine Eisenbahnlinie, eine Brücke und eine vielbefahrene Straße überqueren.



 

Wie wir zuvor ins Tal abgestiegen waren so mussten wir nun auf der anderen Seite wieder aufsteigen. Obwohl es mehr Anstrengung fordert ist Bergan sowohl für die bepackten Tiere als auch für meine Knie einfacher.

Eine ganze Weile schnauften wir den Berg hinauf. Oben angekommen stellten wir fest, dass wir den Weg verloren hatten. Es war schon recht dunkel und wir hatten noch ein ganzes Stück vor uns. So beschlossen wir nicht den Weg zu suchen sondern auf direktem Wege zu meinen Eltern zu gehen. Im dunkeln liefen wir entlang einer Landstraße die vom feinsten Abendverkehr heimgesucht wurde. Miriam hatte angehalten um ihre Stirnlampe auszupacken. Mit meinen schwarzen Mulis hatte ich es nicht riskieren wollen lange stehen zu bleiben. Ich wollte so schnell wie möglich weg von der Straße. Doch wieder wurde Naomi nervös als sie uns im dunkeln nicht mehr sehen konnte und machte Miriam das Leben schwer.

Mit der Sonne sank auch unsere Laune. Wie konnte ich das Stück vom Rundwanderweg zum Haus meiner Eltern nur so unterschätzen? Ich hatte mich gefreut eine Nacht bei ihnen zu schlafen, doch hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich Miriam und die Tiere nur deshalb in diese Situation gebracht hatte. Hätten wir doch einfach im Wald bei Einsiedel geschlafen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir auf eine ruhige Dorfstraße und traten das letzte Stück der Tagesreise an. Mein Fuß machte sich langsam bemerkbar. Den ganzen Tag hatte ich mit nur einer Schuhsohle durchgehalten doch nun beschloss ich die Schuhe ganz auszuziehen und Barfuß zu gehen.

Endlich angekommen luden wir die Packtiere vor dem Haus ab. Sam konnte es gar nicht erwarten sich endlich zu wälzen. Temmie stürzte sich ins Haus wo er sich sofort unter dem Kischentisch ausstreckte und tief und fest einschlief. Naomi durfte am Erdanker Gras fressen, die Mulis band ich an der Wäschestange fest. Zufrieden schnaubend machten sie sich über ihr Heu her. Mein Vater hatte gekocht und auch wir machten uns hungrig übers Essen her.

Erschöpft aber glücklich kroch ich in meinen warmen Schlafsack. Ich war froh, angekommen zu sein. Doch konnte ich es kaum erwarten am nächsten Tag weiter zu wandern.

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